Sechs Gene sagen den Verlauf der Lungenfibrose vorher

Prof. Dr. Antje Prasse, Wissenschaftlerin von BREATH, dem hannoverschen Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung, ist federführend an einer Studie beteiligt, durch die die Vorhersage des Krankheitsverlaufs der idiopathischen Lungenfibrose verbessert werden kann. Mit nur sechs Genen ist eine stabile Risikoeinschätzung möglich. Die Studie trägt zu einem besseren Verständnis dieser tödlichen Lungenerkrankung bei.

Die Lunge besteht aus vielen verschiedenen Zellarten. Neben den luftführenden Anteilen sorgt ein Stützgerüst aus Bindegewebszellen für den Erhalt der Struktur der Lunge. Bei einer Fibrose kommt es zu einer krankhaften Zunahme dieses Lungenbindegewebes. Durch die zunehmende Vernarbung versteift die Lunge und schrumpft. In der Folge kommt es zu einem Sauerstoffmangel. Kann kein genauer Auslöser für die fibrotischen Veränderungen ausgemacht werden, spricht man von einer idiopathischen Lungenfibrose - kurz IPF.

Der Verlauf einer IPF ist von Patient zu Patient sehr unterschiedlich und nicht allgemein vorhersagbar. Die Erkrankung gilt generell als aggressiv und führt meist innerhalb weniger Jahre zum Tod. In einer Studie aus Deutschland, Italien und Belgien wurde nun untersucht, ob über die Genexpression von Zellen, die mittels einer Lungenspülung, der bronchoalveolären Lavage (BAL) gewonnen wurden, der Krankheitsverlauf vorhergesagt werden kann. Die Studie wurde von Frau Prof. Dr. Antje Prasse, Wissenschaftlerin von BREATH, dem hannoverschen Standort des Deutschen Zentrums für Lungenforschung, geleitet und unter Mitarbeit ihrer Arbeitsgruppe in der Klinik für Pneumologie der Medizinischen Hochschule Hannover und dem Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin sowie internationalen Kooperationspartnern durchgeführt.

Die Vorhersage des Krankheitsverlaufes der IPF anhand klinischer Werte ist nur bedingt möglich. Über die molekularen Veränderungen in den sich eigentlich verändernden Zellen der Lunge gab es bisher keine Informationen. Die jetzt veröffentlichte Studie schließt diese Lücke.

Zur Diagnosestellung der IPF werden nur bei weniger als 30 Prozent aller Patienten invasive Lungenbiopsien durchgeführt. Zur routinemäßigen Gewinnung von Lungenzellen für die weitere Forschung sind diese daher nur bedingt geeignet. Stattdessen wurden in der Studie Zellen verwendet, die während einer bronchoalveolären Lavage (BAL) gewonnen wurden. Dabei werden durch eine Spülung in der Lungentiefe, den Alveolen, Zellen der äußeren Schichten der Lungenbläschen ausgespült.

In den so gewonnenen Lungenzellen wurde untersucht, welche Gene exprimiert wurden. Durch den Vergleich mit der Genexpression in Kontrollzellen, u.a. von gesunden Patienten, konnten weit über 1500 Gene identifiziert werden, die bei IPF-Patienten mit dem Sterberisiko zusammenhängen. Durch statistische Vorhersagemodelle konnten schließlich sechs Gene identifiziert werden, mit denen eine stabile Risikoeinstufung in den drei untersuchten europäischen Patientenkohorten vorgenommen werden konnten. Diese sechs Gene allein konnten das Sterberisiko besser vorhersagen als der üblicherweise verwendete GAP Index zur Vorhersage des Krankheitsverlaufs der IPF, der ausschließlich klinische Parameter berücksichtigt. Frau Prof. Prasse erläutert: „Werden der GAP Index und die Ergebnisse der Risikoeinstufung des Gen-Panels gemeinsam analysiert, können wir den Krankheitsverlauf mit einer deutlich höheren Genauigkeit vorhersagen. Für die Patientinnen und Patienten mit einer IPF bietet das Genpanel damit einen erheblichen Mehrwert.“

Zusätzlich liefert die Studie erstmals den Beleg, dass bronchiale Basalzellen, eine Vorläuferzelle des Atemwegsepithels, maßgeblich an der Entwicklung einer IPF beteiligt sind. Diese Erkenntnis könnte langfristig zu einer besseren Behandlung dieser insgesamt noch wenig verstanden Erkrankung führen.
 

Bild: MHH / Figiel

Text: BREATH / CD

Prof. Dr. Antje Prasse, Arbeitsgruppenleiterin in der Klinik für Pneumologie und Wissenschaftlerin des Fraunhofer-ITEM