Nur einmal ausatmen für die Asthmadiagnose – geht das?

Was sagen ausgeatmete Substanzen über den Gesundheitszustand eines Menschen aus? Diese Frage beschäftigt auch DZL-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler. Sie veröffentlichen nun eine Studie über die Atemanalyse zur Asthmadiagnostik im European Respiratory Journal. Das Resultat ist ernüchternd, doch die Schlussfolgerungen sind wichtig.

Der Patient atmet in ein Röhrchen, das klinische Labor analysiert darin enthaltene Substanzen, der Arzt stellt die Diagnose. Ein solcher Prozess wäre vorteilhaft: Patienten müssten zur Gewinnung von diagnostischem Material nicht für eine Blut- oder Gewebeabnahme gestochen oder gar operiert werden. Das Risiko für Komplikationen würde so sinken. Dies ist einer der Gründe, warum die Diskussion der „Breathomics“ unter Forschenden quasi in aller Munde ist.  Das relativ neue Fachgebiet konzentriert sich auf ausgeatmete flüchtige organische Verbindungen (volatile organic compounds), abgekürzt VOCs. Die entscheidende Frage lautet: Kann man überhaupt anhand des Atems feststellen, ob jemand krank oder gesund ist? Und wie macht man das? Beim Nachweis reicht das Spektrum von nicht-technischen Lösungen – wie Krebs erschnüffelnden Hunden – bis zur „elektronischen Nase“, die den Atem live analysiert und Muster von Substanzen erkennt. Hinter solchen Experimenten steht die Grundannahme, dass insbesondere Lungenerkrankungen einen Einfluss auf die Atemzusammensetzung haben.  
Das DZL-Forschungsteam untersuchte an 133 erwachsenen Patienten des ALLIANCE-Registers, inwieweit VOCs aus der Ausatemluft geeignet sind, verschiedene Asthmaformen voneinander zu unterscheiden. Das ernüchternde Ergebnis: Man fand keine Substanz, deren Wert einer statistischen Prüfung standhielt. Diese Ergebnisse veröffentlichten die Autoren und Autorinnen nun im European Respiratory Journal. Auch wenn man in älteren Studien vereinzelt Unterschiede fand, mahnen die DZL-Forschenden, dass die Atemanalyse für Asthma – und andere Erkrankungen – noch weit von einer klinischen Anwendung entfernt ist. Zunächst müssten methodische Fragen geklärt und Ergebnisse einzelner Forschergruppen extern validiert werden. Dr. Olaf Holz vom Fraunhofer-ITEM in Hannover ist Erst-Autor der Studie und befasst sich schon lange mit dem Thema: „Obwohl wir hier ‚negative Ergebnisse‘ berichten, ist die Resonanz auf unser Paper groß. Die Frage, ob die Messung von ausgeatmeten VOCs reif für den klinischen Alltag ist, beschäftigt die Community.“ Ein weiterer möglicher Grund für die Ergebnisse: Für Asthma existieren einfach keine geeigneten Biomarker in der Ausatemluft. Ob dem tatsächlich so ist, können nur weitere Experimente klären.


Für die Studie kooperierten Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der DZL-Standorte ARCN (LungenClinic Grosshansdorf, UKSH Lübeck und Pneumologisches Forschungsinstitut), BREATH (Fraunhofer-ITEM und Medizinische Hochschule Hannover) und CPC-M (Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München).


Das DZL führt zurzeit eine weitere Studie durch, in der Ausatemluft untersucht wird – allerdings keine VOCs: In EMoLung prüfen Forschende, ob sich der Verlauf einer Lungenkrebserkrankung durch ausgeatmete Ribonukleinsäuren vorhersagen lässt.
Ein bereits etablierter Marker in der Ausatemluft ist das Stickstoffmonoxid-Molekül NO, das Entzündungen anzeigt. Aufgrund seiner Natur als anorganische Verbindung fällt es nicht unter die VOCs.


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Text: ARCN/JB

Photo: ALLIANCE