Antikörpertherapie bei Lungentransplantierten schützt vor schweren COVID-19 Verläufen

Forschende Kliniker des DZL der Standorte Hannover und München haben herausgefunden, dass mit SARS-CoV-2 (Delta-Variante) infizierte Lungentransplantierte durch eine Behandlung mit monoklonalen Antikörpern, die gegen das spike-Protein des Virus gerichtet sind, im Vergleich zu unbehandelten PatientInnen einen deutlich milderen Krankheitsverlauf haben und seltener versterben. Die Studie wurde im renommierten European Respiratory Journal veröffentlicht (DOI: 10.1183/13993003.00124-2022).

Lungentransplantierte sind u.a. aufgrund der Immunsuppression besonders anfällig für Infektionen, vor allem für Infektionen der Atemwege und der Lunge. Bereits früh in der Coronapandemie wurde erkannt, dass sie ein stark erhöhtes Risiko haben, an COVID-19 schwer zu erkranken und ca. 30% der Inifizierten sind an den Folgen der Infektion zu versterben. Eine Beobachtung, die in der DZL-Studie klar bestätigt wurde. Lungentransplantate können durch eindringende Coronaviren besonders ausgedehnte Gewebeschäden bekommen. Die natürlichen Abwehrprozesse, einschließlich der Bildung von körpereigenen Antikörpern nach Impfung, sind bei diesen PatientInnen durch die Immunsuppression beeinträchtigt, sodass sich das Virus besonders gut vermehren kann. Weiterhin fördert eine Entzündung akute und chronische Abstoßungsprozesse, die die Krankheitsprozesse komplizieren und verschlimmern. Die Behandlung SARS-CoV-2-infizierter Lungentransplantierter stellte die Kliniker daher vor eine große Herausforderung.

In den Transplantationszentren in Hannover und München wurde daher die Wirksamkeit einer frühen Therapie mit Antikörperpräparaten (Casirivimab-Imdevimab) bei SARS-CoV-2-infizierten Lungentransplantierten während der Pandemie mit dominierender Delta Variante untersucht, die gegen das spike-Protein von SARS-CoV-2 gerichtet sind. Da das spike-Protein eine zentrale Rolle beim Eintritt der Viren in die Zelle spielt, verhindern diese Antikörper die Infektion von Körperzellen und damit die Ausbreitung des Virus. Diese Behandlung ähnelt einer passiven Immunisierung, wie sie z.B. zum Schutz vor einer mutmaßlichen Tetanus- oder Tollwuterkrankung bei nicht geimpften PatientInnen eingesetzt wird. Eine Behandlung mit Casirivimab-Imdevimab ist besonders bei immunsupprimierten, an COVID-19 erkrankten Lungentransplantierten sinnvoll, da ihre Fähigkeit, nach Impfung oder Infektion selbst Antikörper zu bilden, stark eingeschränkt ist.

Insgesamt konnten an beiden Zentren im Untersuchungszeitraum 1.631 Lungentransplantierte beobachtet wurden, von denen sich 133 mit der Delta-Variante von SARS-CoV-2 infizierten. Von den Infizierten bekamen 44 innerhalb von drei Tagen nach Symptombeginn die gegen das spike-Protein von SARS-CoV-2 gerichteten Antikörper injiziert. In der so behandelten PatientInnengruppe trat erfreulicherweise keine schwere Erkrankung und kein Todesfall auf, wohingegen in der nicht behandelten Gruppe über 50% der PatientInnen schwer erkrankten und 30% von ihnen verstarben. Auch wenn es sich bei dieser Studie um eine retrospektive Studie handelt, zeigt sie sehr klar, dass eine frühe Behandlung mit Casirivimab-Imdevimab einen erheblichen Überlebensvorteil für Lungentransplantierte mit COVID-19 darstellt. Die Erkenntnisse sind lediglich auf die Delta-Variante das SARS-CoV-2 Virus anwendbar, die aktuell nicht mehr dominant ist. Bei der aktuellen Variante kann das Antikörperpräparat nicht mehr eingesetzt werden. Allerdings können die Wirkprinzipien und Forschungsansätze dieser Untersuchung die Grundlage für zukünftige Untersuchungen bilden und so den Findungsprozess neuer Therapieansätze beschleunigen. 

Erstautor der Publikation zu dieser Studie ist Prof. Dr. Jens Gottlieb, DZL Wissenschaftler am Standort BREATH, der seit vielen Jahren die Lungentransplantationsambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) leitet.

 

Text: DZL/ BREATH

Foto: MHH/ Tom Figiel
 

Erstautor der Publikation zur Studie und Leiter der Lungentransplantationsambulanz der Medizinischen Hochschule Hannover Prof. Dr. Jens Gottlieb