Lungenfibrose – Von der Kindheit bis zum Erwachsenen

Interstitielle Lungenerkrankungen (ILD) im Kindesalter stellen eine heterogene Gruppe seltener Lungenerkrankungen mit hoher Morbidität und Mortalität dar. Viele Kinder erkranken bereits in den ersten Lebensjahren. Über den Langzeitverlauf bis in das Erwachsenenalter liegen bisher keine validen Daten vor. Ein internationales Team von Forschenden mit DZL Beteiligung hat sich diesem Thema nun angenommen und Betroffene in den Fokus gestellt, die mit einer ILD erwachsen geworden sind. Die Ergebnisse wurden aktuell in zwei Publikationen veröffentlicht.

ChILD (childhood Interstitial Lung Disease) ist ein Überbegriff für eine heterogene Gruppe von mehr als 200 seltenen diffusen Lungenerkrankungen mit Manifestation im Kindesalter, welche sich hinsichtlich ihrer Ursache und ihres Krankheitsverlaufes erheblich unterscheiden. Viele Kinder versterben bereits im ersten Lebensjahr, andere erreichen das Erwachsenenalter. Ein relevanter Anteil der Betroffenen entwickelt im Verlauf eine Lungenfibrose. Inzwischen wird die Gruppe der Patienten, die mit chILD das Erwachsenenalter erreicht, immer größer. Wie geht es den Betroffenen mit ihrer Erkrankung und wie verläuft der Übergang von der Versorgung in pädiatrischen Kliniken oder Praxen zur Behandlung als Erwachsener? Gemeinsam mit einem internationalen Team haben sich die DZL Forscher Prof. Dr. Matthias Griese (München) und PD Dr. Nicolaus Schwerk (Hannover) diesen Fragen gewidmet. 

Im letzten Jahrzehnt hat sich das Spektrum der spezifischen chILD-Entitäten mit der Entdeckung neuer Krankheitsbilder durch fortschrittliche genetische Testverfahren erheblich erweitert. Allerdings basiert ein Großteil der Erkenntnisse auf kleinen Fallserien, die über eine Vielzahl von Fachrichtungen, in klinischen und molekularen Fachzeitschriften verstreut, veröffentlicht wurden. Insbesondere die Häufigkeit, das Management und der Verlauf der pulmonalen Fibrose bei Kindern mit chILD sind bislang wenig charakterisiert. „Wir sehen hier einen enormen Nachholbedarf“, so PD Dr. Schwerk aus der Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie der MHH. „Bei Erwachsenen haben wir eindeutige Leitlinien für die Diagnose und die Behandlung der interstitiellen Lungenerkrankungen. Bei Kindern existieren zwar ebenfalls Leitlinien, diese gehen aber nicht auf die spezifischen Krankheitsentitäten und insbesondere deren Therapie ein, denn hierfür liegen bisher keine Daten aus kontrollierten Studien vor“. 

In ihrer Übersichtsarbeit identifizierte das Team basierend auf Registerdaten 47 verschiedene chILD-Formen, die potenziell zu einer Lungenfibrose führen können. Viele dieser Erkrankungen sind genetisch bedingt und können sich mit dem Wachstum des Kindes unterschiedlich manifestieren. Die Forschenden betonen, dass Kinder mit chILD, die eine Lungenfibrose entwickeln, oft bis ins Erwachsenenalter mit fortschreitenden Lungenschäden konfrontiert sind. Die Autoren der Studie fordern daher eine intensivere Forschung und ein besseres Verständnis von chILD, um durch spezifische Behandlungsansätze den Krankheitsprogress zu verhindern, die Versorgung betroffener Kinder zu verbessern und einen nahtlosen Übergang in die Erwachsenenmedizin zu gewährleisten. Diese Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose und spezialisierten Betreuung von Kindern mit interstitiellen Lungenerkrankungen, um langfristige gesundheitliche Folgen zu minimieren.

Als Koordinator des europäischen Netzwerks für seltene Lungenerkrankungen (chILD-EU) wollte Prof. Griese noch einen Schritt weitergehen: In einer Studie, die im European Respiratory Journal publiziert wurde, untersuchte er zusammen mit Nicolaus Schwerk und anderen europäischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zum ersten Mal, wie aus ehemaligen chILD Patienten erwachsene Patienten mit Lungenfibrosen werden. Die Erkenntnisse des Teams: Wechseln die Patienten von der pädiatrischen in die fachärztliche Versorgung für Erwachsene, entsprechen die Diagnosen oft, aber nicht immer ähnlichen ILD-Kategorien in der Erwachsenenklassifikation. So werden Patienten möglicherweise in ungeeignete diagnostische Kategorien eingeteilt. Die Auswirkungen dieses noch nicht standardisierten Übergangs zur Erwachsenen-ILD müssen nach Überzeugung der Forschenden weiter untersucht werden. Neuspezifikation von Diagnosen und Behandlungen könnten zur Präzisierung und Personalisierung der Patientenversorgung beitragen. Nicht zuletzt sind aktualisierte evidenzbasierte Leitlinien für die Diagnose und Behandlung interstitieller Erkrankungen bei Kindern und den geeigneten Übergang in die Erwachsenenversorgung erforderlich.
 

Die Originialpublikationen finden Sie unter folgenden Links:

Pulmonary fibrosis may begin in infancy: from childhood to adult interstitial lung disease

Childhood interstitial lung disease survivors in adulthood: a European collaborative study

 

Text: DZL & BREATH

Foto: MHH/ Tom Figil

BREATH Wissenschaftler und Oberarzt der Klinik für Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie der MHH