Sotatercept ermöglicht individualisierte Therapieansätze bei PAH: Weniger Belastung, gleiche Stabilität?
Die pulmonal arterielle Hypertonie (PAH) stellt trotz fortschrittlicher medikamentöser Optionen weiterhin eine schwerwiegende und komplexe Erkrankung dar. Eine Standardtherapie bei fortgeschrittener PAH ist heute die sogenannte Triple-Therapie, die auch Wirkstoffe aus dem Prostazyklin-Signalweg umfassen. Diese insbesondere parenteral, also nicht oral, verabreichten Medikamente sind wirksam, jedoch auch mit erheblichen Nebenwirkungen, logistischem Aufwand und deutlichen Einschränkungen im Alltag der Patient*innen verbunden.
Im Rahmen der aktuellen Publication of the Month stellt BREATH eine neue Publikation im European Respiratory Journal vor, die sich einer klinisch hochrelevanten Fragestellung widmet. Unter dem Titel „Withdrawal of prostacyclin pathway therapies after initiation of sotatercept treatment in patients with pulmonary arterial hypertension“ berichten die BREATH-Wissenschaftler*innen **Prof. Dr. Karen M. Olsson und Dr. Jan Fuge (geteilte Erstautorinnen)** gemeinsam mit Dr. Da-Hee Park, Dr. Jan C. Kamp und Prof. Dr. Marius M. Hoeper über die Erfahrungen mit einem schrittweisen Absetzen von Prostazyklintherapien nach Beginn einer Behandlung mit dem neu zugelassenen Wirkstoff Sotatercept.
Die retrospektive Analyse umfasst Patientinnen aus der MHH, die im Rahmen klinischer Studien mit Sotatercept behandelt wurden und zuvor eine Triple-Therapie erhielten. Bemerkenswert ist, dass bei allen sieben Patientinnen mit der oralen Prostazyklin-Alternative Selexipag die Therapie innerhalb weniger Monate vollständig beendet werden konnte – ohne Anzeichen einer klinischen Verschlechterung. Auch bei der deutlich anspruchsvolleren intravenösen oder subkutanen Therapie mit Treprostinil war ein Absetzen in etwa einem Drittel der Fälle erfolgreich möglich. Patient*innen, bei denen es im Verlauf zu einer klinischen Verschlechterung kam, konnten durch Wiederaufnahme oder Dosissteigerung der Therapie stabilisiert werden. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass wir mit Sotatercept erstmals die Möglichkeit haben, etablierte Therapiekonzepte bei PAH individuell zu hinterfragen“, erklärt Prof. Dr. Karen M. Olsson. „Künftig könnten wir Therapielasten gezielt reduzieren – angepasst an die klinische Stabilität und Lebensrealität unserer Patient*innen.“
Diese Beobachtungen deuten darauf hin, dass Sotatercept nicht nur bestehende Therapieansätze ergänzt, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch eine Therapiereduktion mit potenziellem Gewinn an Lebensqualität ermöglichen kann. Besonders für Patientinnen, die unter den Nebenwirkungen oder Einschränkungen der Prostazyklintherapie leiden, eröffnet sich damit ein neuer therapeutischer Spielraum. Die Entscheidungen über ein mögliches Absetzen wurden individuell getroffen – basierend auf funktionellen Parametern, hämodynamischen Daten und in enger Abstimmung mit den Patientinnen.
Für die klinische Praxis bedeutet dies: Bei stabiler Erkrankung unter Sotatercept kann ein schrittweises Zurückfahren der Therapie erwogen werden – allerdings unter sorgfältiger Überwachung und mit klaren Kriterien für ein potentielles Wiedereinsetzen der Behandlung. Die Langzeitfolgen dieser Strategie sind bislang nicht abschließend geklärt und bedürfen weiterführender prospektiver Studien.
Die Originalpublikation finden Sie hier.
Text: BREATH/AB
Foto: MHH/Figiel


Die BREATH-PIs Prof. Dr. Marius Hoeper und Prof. Dr. Karen Olsson leiten die Ambulanz für Pulmonale Hypertonie an der Medizinischen Hochschule Hannover