Kooperative DZL-Studie identifiziert alternative TNFR1-Transkriptvariante als Schlüssel zur Prognose bei CF

In der Juli-Ausgabe unserer Reihe „Publication of the Month“ stellen wir eine Arbeit vor, die kürzlich in EBioMedicine erschienen ist: „Genotype and transcript processing of the tumour necrosis factor receptor TNFRSF1A in epithelial cells: implications for survival in cystic fibrosis“. Die Studie ist Teil eines Kooperationsprojektes innerhalb des Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL) und entstand in enger Zusammenarbeit mit den CF-Teams der European CF Twin and Sibling Study. Das Projekt steht exemplarisch für die enge und fruchtbare Zusammenarbeit innerhalb des DZL und mit europäischen Partnern, die es erlaubt, große Patientenkohorten mit modernsten molekularen Methoden zu analysieren.

Im Mittelpunkt der Arbeit steht die Frage, inwiefern genetische Varianten des TNFRSF1A-Gens (TNFR1), das für den Tumornekrosefaktor-Rezeptor 1 kodiert, das Überleben von Patient:innen mit Mukoviszidose beeinflussen. Bereits frühere Arbeiten hatten Hinweise darauf gegeben, dass TNFR1-Polymorphismen den Krankheitsverlauf modulieren können. Ziel der aktuellen Studie war es nun, diese Beobachtungen in unabhängigen Kohorten zu bestätigen und gleichzeitig mögliche funktionelle Mechanismen zu beleuchten.

Dazu wurden drei voneinander unabhängige Langzeitkohorten von Mukoviszidosepatient:innen untersucht, darunter auch Geschwisterpaare. Die Analysen zeigten, dass bestimmte TNFR1-Genotypen mit erheblichen Unterschieden in der Überlebensdauer verbunden sind, wobei sich ein Unterschied von bis zu zehn Jahren zwischen den Gruppen ergab. Besonders bemerkenswert war, dass diese Unterschiede sowohl in populationsbasierten Kohorten als auch innerhalb von Familien reproduziert werden konnten – ein starkes Indiz für den Einfluss genetischer Faktoren.

Darüber hinaus führten die Forschenden funktionelle Untersuchungen in primären humanen Atemwegsepithelzellen durch. Dabei konnte eine alternative Transkriptvariante, TNFR1delEx2, identifiziert werden, deren Expression direkt mit dem TNFR1-Genotyp verknüpft ist. Diese Variante liefert eine plausible molekulare Erklärung dafür, wie unterschiedliche Genotypen die Signalwege von TNFR1 beeinflussen und so den Krankheitsverlauf bei CF modulieren können. Durch die Kombination von genetischen, epidemiologischen und molekularbiologischen Daten gelang es erstmals, den Zusammenhang zwischen Genotyp und Überleben mechanistisch zu untermauern. „Unsere Studie verdeutlicht, dass genetische Modifikatoren wie TNFR1-Varianten nicht nur statistische Assoziationen darstellen, sondern über konkrete Transkriptvarianten funktionelle Auswirkungen auf Krankheitsverläufe haben können. Dieses Wissen eröffnet neue Perspektiven für die personalisierte Prognose und möglicherweise auch für zukünftige Therapieansätze bei Mukoviszidose“, erklärt Prof. Dr. Anna-Maria Dittrich, Letztautorin und BREATH-Wissenschaftlerin.

Die Arbeit hat eine hohe translationale Bedeutung. Zum einen legen die Ergebnisse nahe, dass Genotyp-basierte Risikostratifizierungen künftig in der klinischen Betreuung von CF-Patient:innen eine Rolle spielen könnten. Zum anderen schafft die Identifikation von TNFR1delEx2 als funktionell relevanter Transkriptvariante eine neue Grundlage für die Erforschung therapeutischer Strategien, die gezielt in TNF-Signalwege eingreifen. Diese Kombination von Grundlagenforschung und klinischer Relevanz verdeutlicht, wie genetische Erkenntnisse in Zukunft dazu beitragen können, die Versorgung von Patient:innen zu personalisieren und langfristig zu verbessern.

Die Publikation ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie durch standortübergreifende und internationale Zusammenarbeit neue Mechanismen in der Pathophysiologie der Mukoviszidose aufgeklärt werden können. Sie zeigt, welchen Mehrwert die Bündelung von Expertise und Ressourcen im DZL für die Entwicklung innovativer, patientennaher Forschungsansätze hat.

Die Originalpublikation finden Sie hier.

 

Text: BREATH/ AB

Inga Dunsche und Alexander Uden (geteilte Erstautorenschaft) und Prof. Dr. Anna-Maria Dittrich und PD Dr. Frauke Stanke (geteilte Letztautorenschaft) aus der Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie