MHH-Forscher transplantieren korrigierte Zellen direkt in die Lunge

Neue Therapie für seltene Lungenerkrankung in Sicht

Ein interdisziplinäres Forscherteam der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) hat einen neuartigen Therapieansatz für die Behandlung der pulmonalen Alveolarproteinose (PAP) entwickelt. Die Studie hierzu wurde jetzt im renommierten Journal Science Translational Medicine veröffentlicht.

 

Bei der angeborenen pulmonalen Alveolarproteinose (PAP) handelt es sich um eine sehr seltene, lebensbedrohliche Lungenerkrankung, die auf einem Defekt der Fresszellen in der Lunge (Alveolarmakrophagen) beruht. Den an PAP erkrankten Patienten fehlt aufgrund eines angeborenen Gendefekts ein Rezeptor für einen wichtigen Botenstoff, den Granulozyten-Makrophagen Wachstumsfaktor (GM-CSF). Die Alveolarmakrophagen können deshalb Eiweiße und Fette in der Lunge nicht abbauen, was zu einer Störung des Gasaustausches führt. Die kleinen Patienten leiden an schwerer Atemnot sowie einem hohen Infektionsrisiko und sterben oft früh.

Die Wahrscheinlichkeit, an PAP zu erkranken, liegt bei etwa eins zu einer Million. Bisher können die kleinen Patienten nicht geheilt werden. Die einzige Therapie ist derzeit eine regelmäßige Spülung der Lunge, um die Eiweiße und Fette zu entfernen, die die Makrophagen des Kindes nicht beseitigen können. Die Behandlung in Narkose ist für die Kinder allerdings sehr belastend und gefährlich.

Ein Forscherteam der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) um Professorin Dr. Gesine Hansen, Direktorin der Klinik für Pädiatrische Pneumonologie, Allergologie und Neonatologie und Principal Investigator am Standort Hannover, BREATH, des Deutschen Zentrums für Lungenforschung, und Professor Dr. Thomas Moritz, Arbeitsgruppe Reprogrammierung und Gentherapie am Institut für Experimentelle Hämatologie und im Exzellenzcluster REBIRTH, hat nun im Mausmodell einen neuartigen Therapieansatz für diese Erkrankung entwickelt.
 

Der Ansatz beruht darauf, in einer Zellkultur aus Blutzellen zunächst gesunde Vorläuferzellen der Alveolarmakrophagen herzustellen. Diese Zellen werden dann im Rahmen einer Lungenspiegelung direkt in die Lunge transplantiert, wo sie in  funktionsfähige Alveolarmakrophagen ausreifen und die Funktion der defekten Zellen ersetzen. „Bei der Zelltransplantation handelt es sich im Vergleich zur Lungenspülung um einen wenig belastenden, risikoarmen Eingriff, der prinzipiell auch ambulant ausgeführt werden kann. Die klinische Umsetzung der Erkenntnisse ist gemeinsam mit einer Arbeitsgruppe am Cincinnati Children’s Hospital in den USA geplant.“, ergänzt Dr. Christine Happle, Klinik für Pädiatrische Pneumonologie, Allergologie und Neonatologie, die sich die Erstautorenschaft der aktuell im hochangesehenen Fachmagazin „Science Translational Medicine“ publizierten Studie mit Dr. Nico Lachmann, Mitarbeiter im Excellenzcluster REBIRTH an der MHH, teilt. „Allerdings müssen die vom Patienten gewonnenen Vorläufer¬zellen in der Zellkultur noch genetisch korrigiert werden. Die Entwicklung der hierzu benötigten Genfähren ist eine besondere Expertise des Instituts für Experimentelle Hämatologie an der MHH“, erklärt Dr. Lachmann.

Ausgezeichneter Ansatz
Bereits im Februar 2013 wurde die interdisziplinäre Arbeitsgruppe für diesen innovativen Projektansatz, der damals der ersten Idee noch näher war als der Umsetzung,  mit dem mit 50.000 € Preisgeld ausgestatteten Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen ausgezeichnet. Dass die Ergebnisse der Studie nun im „Science Translational Medicine“ veröffentlicht werden zeigt, wie richtig die Jury damals mit der Einschätzung der Bedeutung des Projekts gelegen hat.

„Letztendlich ist es unser erklärtes Ziel, die Überlebenschance und die Lebensqualität unserer kleinen Patienten zu verbessern. Wir hoffen natürlich, dass unser neuer Therapieansatz in der Zukunft zu einer Heilung dieser schwer kranken Kinder beitragen wird“, sagt Professorin Hansen.

*Publikation:

C. Happle, N. Lachmann, J. Škuljec, M. Wetzke, M. Ackermann, S. Brennig, A. Mucci, A. Jirmo, S. Groos, A. Mirenska, C. Hennig, T. Rodt, J.P. Bankstahl, N. Schwerk, T. Moritz, G. Hansen; Pulmonary transplantation of macrophage progenitors as effective and long-lasting therapy for hereditary pulmonary alveolar proteinosis; Sci Transl Med, 20 August 2014, Vol. 6, Issue 250, p. 250ra113

Weitere Informationen erhalten Sie bei: hansen.gesine@mh-hannover.de