COVID-19 Infektion bei Patienten mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Seit Auftreten der ersten Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 versuchen Wissenschaftler herauszufinden, welche Menschen besonders anfällig für eine Covid-19 Erkrankung sind. Bestimmte Vorerkrankungen scheinen einen Einfluss auf die Schwere und den Verlauf der Krankheit zu nehmen. BREATH Wissenschaftlerin Prof. Dr. Sabina Janciauskiene hat nun gemeinsam mit Marion Wilkens, Vorsitzende des Alpha1 Deutschland e.V., Betroffene mit Alpha-1-Antitrypsin-Mangel (AAT-Mangel) befragt, um Zusammenhänge zwischen dem AAT-Mangel und den Verlaufsformen der COVID-19-Infektion aufzuzeigen. In der aktuellen Ausgabe des Alpha1-Journals berichten die beiden von den Ergebnissen ihrer Umfrage.

Der Bericht der WHO vom 23. Juni zeigt, dass die laufende Coronavirus-Pandemie 2019 (COVID-19) weltweit mehr als 8,8 Millionen Infizierte und 465.740 Todesfälle verursacht hat. Davon meldete Deutschland insgesamt 190.359 Fälle von COVID-19-Infizierten (etwa 0,25% der Gesamtbevölkerung). Bei 8.885 Personen (4,7%) führte die Erkrankung zum Tod.
Nach dem heutigen Kenntnisstand hat die Mehrheit der mit COVID-19 infizierten Personen eine niedriggradige Infektion und erholt sich gut. Nur eine Minderheit leidet an einer schwereren Erkrankung, wobei etwa 10% der Fälle intensivmedizinisch behandelt werden müssen und einige Patienten versterben. Wir wissen, dass über 95% der Todesfälle bei Menschen über 60 Jahren auftreten. Wir wissen auch aus Berichten, dass 8 von 10 Todesfälle bei Personen mit medizinischen Grunderkrankungen wie schweren Herzerkrankungen, Diabetes, chronischen Lungen-, Leber- und Nierenerkrankungen, Menschen mit Immunschwäche und Personen, die immunschwächende Medikamente (Krebsbehandlungen und längerer Gebrauch von Kortikosteroiden) einnehmen, auftreten.

Andere Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Anfälligkeit für COVID-19 mit dem genetischen Profil des Individuums zusammenhängen könnte. Beispielsweise kann die Anfälligkeit durch die Polymorphismen von Rezeptoren bestimmt werden, die das Virus benötigt, um in Wirtszellen einzudringen, wie das humane Angiotensin-konvertierende Enzym 2 (ACE2), das an der Replikation des Virusgenoms beteiligt ist (H. Kai, M. Kai Interactions of coronaviruses with ACE2, angiotensin II, and RAS inhibitors-lessons from available evidence and insights into COVID-19 Hypertens Res, 27 (2020), pp. 1-7). Daher vermuten die Forscher, dass die Anfälligkeit einer Person für COVID-19 mit der Funktion der ACE2-Rezeptoren in Verbindung gebracht werden kann.

In ähnlicher Weise könnte ein vererbter Alpha1-Antitrypsin-Mangel (AATD), der mit einem erhöhten Risiko für Leber- und Lungenerkrankungen verbunden ist, die Anfälligkeit für COVID-19 erhöhen. Interessanterweise hat eine frühere Studie zur Unterstützung dieser Idee bei Patienten mit schwerem akuten respiratorischen Syndrom (SARS) im Vergleich zu Patienten mit nicht-SARS-Pneumonie eine niedrigere Konzentration und geringere Aktivität von Antitrypsin gefunden. Die Autoren dieser Arbeit spekulierten, dass dieser Rückgang des Antitrypsins wahrscheinlich mit dem Lungenversagen dieser Patienten in Verbindung steht (Yi Ren et al. The use of proteomics in the discovery of serum biomarkers from patients with severe acute respiratory syndrome, Proteomics 2004, 4, 3477-3484).

Um herauszufinden, ob AATD-Personen anfällig für COVID-19 sind, führten wir diese Umfrage durch. Nach dem Stand vom 17. Juni 2020 erhielten wir Antworten von 208 AATM Personen aus Deutschland und sechs aus anderen Ländern. Von allen, die geantwortet haben, gab es sechs (3%) positive Bestätigungen auf COVID-19. Einer von ihnen war hospitalisiert worden, ohne künstlich beatmet werden zu müssen. Es wurden keine Todesfälle gemeldet. Da es kein Screening für COVID-19 in der Allgemeinbevölkerung gibt, ist es schwierig, die wahren Zahlen der positiven Fälle im Verhältnis von AATD zur Allgemeinbevölkerung abzuschätzen und zu vergleichen. Unsere ersten Daten aus der AATD-Erhebung liefern jedoch keinen Hinweis darauf, dass AATD-Personen eine höhere Anfälligkeit für COVID-19 aufweisen.

Weitere Daten aus der Umfrage

  • 201 (96,6%) der Umfrageteilnehmer sind vom Alpha-1-Antitrypsin-Mangel betroffen.
  • Die Verteilung des Genotyps der 201 Personen können Sie Grafik 1 entnehmen.
  • Von den 201 Personen werden 48,8% substituiert -> 98 Personen.
  • 118 der Teilnehmer sind weiblich (58,7%).
  • Die Altersverteilung der 201 Teilnehmer können Sie Grafik 2 entnehmen.
  • Der überwiegende Teil (79,1%) kommt aus Deutschland, es waren aber auch die Länder Schweiz, Österreich, Portugal, Belgien, Spanien und Italien vertreten.

Wir haben dann noch einmal rückwärts geschaut und heraus kam Folgendes:

  • Von den 6 mit COVID-19 Infizierten waren 3 PiZZ, 2 PiSZ und 1 seltene Mutation.
  • Von den 6 Personen, die angaben an COVID-19 erkrankt zu sein, wurde dies bei 5 durch einen medizinischen Test bestätigt.
  • Lediglich ein Infizierter wird substituiert.
  • 3 sind weiblich und 3 männlich.
  • 1 Person im Alter von 0-20, 3 Personen im Alter 21-40 und 2 im Alter von 41-60 Jahren.
  • Von den Infizierten war nur 1 Person im Krankenhaus.
  • Keiner der 5 bestätigten COVID-19-Patienten musste künstlich beatmet werden.

Auf der Internetseite des Alpha1 Deutschland e.V. können Sie weiterhin an der Umfrage teilnehmen.

 

Text: Janciauskiene/Wilkens

Photo: Janciauskiene

 

Marion Wilkens und Prof. Dr. Sabina Janciauskiene